Freitag, Dezember 02, 2005

Effekte der Gesundheitswirtschaft: Medizinischer und ökonomischer Erfolg

Der medizinische Fortschritt "trägt aber nicht nur dazu bei, dass Leid gemindert wird, sondern bietet große wirtschaftliche Chancen" (Bundesministerium für Gesundheit, Pressemitteilung 24.11.2005: "(...) Chancen der Gesundheitswirtschaft nutzen").
Dargestellte Figur ist die der gegenseitigen Beförderung. Das ist doch sehr praktisch. Da haben nicht nur die Kranken etwas davon, sondern einige können damit auch noch Geld machen.
Es gibt dabei also - jedenfalls wird das behauptet - Heilung bzw. Linderung, Gewinn, Arbeitsplätze, Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum. Dabei fördert - so ist impliziert - das eine das andere. Die Frage ist allerdings: Was drängt was in den Hintergrund? Was setzt sich auf Kosten des anderen durch? Dass in der Verbindung von medizinischer Behandlung und Geschäft auch die ökonomischen Gesichtspunkte in den Vordergrund treten können, wird weggelassen. Natürlich würde es auch nicht explizit bestritten werden. Aber es gibt eben die Notwendigkeiten. Da stellen wir doch lieber Optimismus, "Chancen", Nach-vorne-Blicken, unternehmerischen Wagemut ins Zentrum.

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Donnerstag, Dezember 01, 2005

Volk als "Schicksalsgemeinschaft"

"Wir sind uns bewusst, dass ein Volk mehr ist als eine lose Ansammlung von Individuen. Dass ein Volk auch immer eine Schicksalsgemeinschaft ist."
(Merkel: Regierungserklärung 30.11.2005).
"Schicksalsgemeinschaft":
"Gemeinschaft von Menschen, die alle vom gleichen Schicksal betroffen sind"
(Wahrig, Gerhard: Deutsches Wörterbuch. München 1986, S.1116).
"Gemeinschaft von Menschen, die das gleiche schwere Schicksal verbindet"
(Duden: Deutsches Universalwörterbuch. Mannheim u.a. 2001, S.1370).
"Schicksal":
"Es ist von dem Zeitworte schicken, in der Bedeutung des Verordnens (!), Veranstaltens, und der Ableitungssilbe -sal gebildet "(Adelung, Johann Christoph: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber des Oberdeutschen. Leipzig 1789, Dritter Theil, Sp. 1439).
"Ein Mensch hat sonderbare Schicksale, wenn er ohne seine unmittelbare Mitwirkung (=repräsentative Demokratie) sonderbaren Veränderungen (= Reformen) ausgesetzt ist" (Adelung, a.a.O.).
"(...) dass sein kleines Schicksal für einen Augenblick mit dem Schicksal der Heimat, dem Schicksal des ganzen Volkes zusammengeschmolzen war" (O. Graf Finkenstein, Fünfkirchen (1936) 152; zit. n. Mitzka, Walter (Hg.): Trübners Deutsches Wörterbuch, Berlin 1955, Bd.6, S. 65).
Zur ideologischen Legitimation der Gesundheitsreform wäre das ebenfalls brauchbar:
"Der sich gelaßne Mensch daenckt wunderlich und toll/ Und wünschet insgemein mehr, als er haben soll,/ Und als er kriegen kan, und als ihm Vortheil braechte,/ Wenn seine Blindheit sich sein Schicksal wählen möchte. Si ejus caeca voluntas fortunam suam eligere posset."
(Günther; zit. n. Steinbach, Christoph Ernst: Vollständiges Deutsches Wörter-Buch vel Lexicon Germanico-Latinum. Breßlau 1734, Tomus II, S. 403).
Schicksals-Begriff:
"Sein konturloser und inflationärer Gebrauch in Weltanschauungen des 20. Jh. hat ihn für die Philosophie schließlich weitgehend diskreditiert" ( Kranz in Ritter, Joachim/Gründer, Karlfried: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Basel 1992, Bd. 8, Sp. 1275).
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts "hat der Schicksals-Begriff als Ausdruck einer Regression in nichtbegriffliches, mythisches Denken ausgedient" ( Kranz, a.a.O., Sp. 1287).