Selbstverständnis von Ärzten als Künstler/Virtuosen
"Diese Sichtweisen vom Arztberuf haben die heutigen,einander widersprechenden Einstellungen in der Frage beeinflusst, wer medizinische Entscheidungen zu treffen hat. Der Arzt? Der Patient? Beide? Für Ärzte, die sich als künstlerische Virtuosen des medizinischen Gefühls sehen, gehört der Patient nicht zum eingeweihten Kreis; Patienten sind Publikum, das applaudieren darf, am Entscheidungsprozess aber nicht beteiligt ist. Schließlich fragt ein Dirigent das Publikum ja auch nicht um Rat, wie Beethovens Symphonien zu spielen sind. In Übereinstimmung mit dem Bild des Künstler-Arztes trafen Ärzte praktisch alle Entscheidungen; die Patienten fühlten sich beruhigt und taten, was ihnen aufgetragen wurde. Mit dem Körper des Patienten wurde oft umgegangen, als sei er Eigentum des Arztes, der festlegte, ob er mit Medikamenten behandelt oder operiert werden sollte. Einige Künstler-Ärzte ließen ihre Patienten nicht einmal die eigene Krankengeschichte einsehen. Der medizinische Entscheidungsprozess befindet sich derzeit allerdings im Wandel: Die Patienten werden immer besser einbezogen (...) Die wunderbare Vision des Arztes als Künstler war unvereinbar mit einem informierten und mündigen Patienten."(Gigerenzer 2002, S.127 f.).
Labels: Gesundheit
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