Freitag, März 05, 2010

Religionsfreiheit - Religionskritik

Religionsfreiheit verbietet nicht Religionskritik.
Die Rechtsgarantie untersagt nicht die inhaltliche Debatte.
Wer Religionsfreiheit dazu benutzt, einer Begründung seiner Positionen aus dem Weg zu gehen, handelt antiaufklärerisch.
Aufklärung fordert Begründungen ein - nicht als Zwang, sondern als Bedingung eines erkenntnisorientierten Diskurses.
In Bezug auf Säkularisierung hat der Westen Erkenntnisse zu bieten.

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Donnerstag, Februar 11, 2010

Toleranz als Denkverzicht (Thomas Assheuer)

Wer etwas tolerieren will, muss sich überlegen, was er aus welchen Gründen für tolerierbar hält - anderes als das kann man nicht tolerieren. Ein Postulat von Toleranz ohne Definition des Tolerablen bedeutet Selbstaufgabe des Denkens. Toleranz heißt aber nicht Einstellung des Denkens. Sie würde so zu einem Tabuisierungsprinzip. Wodurch soll der "Fundamentalismus des Geistes" ersetzt werden - durch einen Fundamentalismus des Nicht-Denkens im Sinne von bereichsspezifischer Denkenthaltung?
Religionen sind auch Welterklärungen. Sie formulieren Behauptungen. Dass Behauptungen - alle, auch religiöse - der Begründung bedürfen und argumentierend kritisiert werden können, ist keine intolerante Zumutung, sondern ein selbstverständliches intellektuelles Erfordernis, so man an Erkenntnis interessiert ist. Andernfalls funktioniert das nämlich nicht, sondern es kommt allenfalls zur Stützung der eigenen Ideologie.

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Mittwoch, Februar 10, 2010

Toleranzgebot vs. Freiheit der Kritik? (Thomas Assheuer)

Ob, wann und wo die Freiheit des Westens in Gefahr ist, bedarf differenzierter Einschätzung und Begründung; in Gefahr ist aber die Freiheit und körperliche Unversehrtheit einiger Kritiker des Islamismus, der sich auf den Islam beruft - und das reicht schon.
Niemand fordert eine staatliche Religionszensur. Niemand kann aber auch verlangen: Hier ist Toleranz zu üben, das Denken ist einzustellen. Das Recht auf Religionsfreiheit bedeutet nicht, dass man Religion nicht kritisieren darf - Kritik an Religion ist kein Unrecht.
(Zu: Thomas Assheuer: Die Grenzen der Vernunft. In: "Die Zeit", 4.2.2010, S. 46).

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Montag, Februar 01, 2010

Toleranz

Tolerieren ("ertragen", "erdulden", "aushalten" ist die Grundbedeutung von tolerare) kann man nur etwas, das man nicht für richtig hält; würde man es für richtig halten, bestünde Übereinstimmung und es gäbe nichts zu tolerieren.
Es geht dann um die Begründungen des Tolerierens (z.B. Ermöglichung des Zusammenlebens trotz unterschiedlicher Positionen) und um den Umfang (was wird noch toleriert, was nicht).
Es kann eventuell akzeptiert werden, dass der Andere intoleranter ist, dass also das Ausmaß der Toleranz auf beiden Seiten nicht gleich ist. Eine Verpflichtung in dem Sinn, dass Toleranz sich als solche zu erweisen hat, indem sie Intoleranz toleriert, ergibt sich daraus aber nicht.
Toleranz muss Kriterien entwickeln, was tolerabel ist und was nicht. Alles zu tolerieren wäre Aufgabe jeder Position außer der der Toleranz.
Wenn ein gemeinsames Erkenntnis- und Handlungsinteresse besteht, ist es nötig, über Toleranz hinauszugehen und Kriterien für Prüfung und Anerkennung der Positionen zu finden; wenn dieses gemeinsame Interesse nicht besteht, ist Toleranz ein Euphemismus für bloßes Stehenlassen der Differenz, für Ersatz für Kommunikation und für Desinteresse am Anderen.

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Mittwoch, Januar 27, 2010

Toleranz gegenüber Intoleranz? (Thomas Steinfeld)

"Wer auf Toleranz beharrt, für den kann die Toleranz nicht aufhören, wenn ein anderer nicht tolerant sein will." (Thomas Steinfeld in sueddeutsche.de, 14.1.2010).
Toleranz ist ein Interaktionsprinzip, das dem zu Tolerierenden Raum lässt. Sie akzeptiert dabei Asymmetrie.
Der Tolerante muss nicht alles tolerieren, um den Vorwurf mangelnder Konsistenz zu vermeiden. Es gibt Grenzen der Toleranz. Sie sind begründungsbedürftig und -fähig. Toleranz bedeutet nicht Selbstaufgabe. Toleranz erfordert Abwägung, wo, warum und wie weit man tolerant ist - und wo nicht, weil Prioritäten anderer Art bestehen.
Toleranz darf Anspruch auf Gegenseitigkeit erheben. Mit welchem Recht könnte jemand Toleranz einfordern, wenn er nicht bereit ist, sie ebenfalls auszuüben?
Intolerant ist, wer nichts toleriert, nicht aber, wer begründet nicht alles toleriert.

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Freitag, Januar 01, 2010

Internet als Abbild des Denkens? (Martin Emmer)

"Es bildet ab, was seine Benutzer denken" (Martin Emmer in Focus Nr. 52, 19.12.2009, S. 118).
Ein bloßes Abbild des Denkens ist das Internet nicht, sondern ein Instrument, mit dem und durch das das Denken beeinflusst, gesteuert und verwertbar gemacht wird. Von Bedeutung sind die Wechselwirkungen zwischen technischer Struktur und Bewusstsein der Benutzer - also auch Rückwirkungen des Produkts als vergegenständlichtem Denken auf Produzenten und User.

Montag, Dezember 21, 2009

"Heilsarmee" - Die Verantwortung des Autors (Theo Sommer)

Die Bundeswehr in Afghanistan "ist nicht die Heilsarmee" (Theo Sommer: Nein. Wer kämpft, der tötet. In: "Die Zeit" Nr. 52, 17.12.2009, S. 1).
Auch wenn man die Position vertritt, dass ein "Strategiewechsel" angebracht ist, sollte man als Autor ausführlich überlegen, welche Effekte eventuell mit dieser Aussage erreicht werden - das können durchaus auch von einem nicht intendierte, aber durch die Formulierung provozierte oder begünstigte sein. Nun mag Sommer einwenden, welche Aktivitäten für Soldaten legitimiert sind, sei in den "Rules of Engagement" festgelegt. Trotzdem kann seine Formulierung subjektive Interpretationen beeinflussen.
Ein Autor muss die Implikationen einer pointierten Äußerung in einer zugespitzten Situation reflektieren - alles andere wäre unverantwortlich.