Donnerstag, Januar 01, 2009

"Realismus" im politischen Handeln

(Zu: Kornelius, Stefan: Zu viel des Guten. In: Süddeutsche Zeitung, 27./28. 12.2008, S.4).
"Realismus" im Sinne einer Zur-Kenntnisnahme der Realität ist Voraussetzung für erfolgreiches Handeln. "Realismus" kann aber auch Funktionen zugewiesen bekommen, die kritikabel sind.
Die im Artikel vertretene "Realismus"-Konzeption wendet sich gegen ein "Übermaß an Forderungen"; was sind dann aber - neben der Machbarkeit, einer Zweck-Mittel-Einschätzung - die Kriterien für Engagement und Intervention - sie sind nicht allein aus "Realismus" ableitbar. Auch "realistisches" Handeln wird durch Bewertungen und Entscheidungen konstituiert.
Wenn man Standards wie die Menschenrechte als universell deklariert, reicht eine "realistische" Zweck-Mittel-Rationalität nicht aus; nicht nur das Prinzip des "Realismus", sondern auch das Ziel hat Einfluß auf die Wahl der Mittel.
Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung mit bestimmten Mitteln: In Bezug auf die Zielerreichung kann "Realismus" auch nur mit (nach seiner Aufassung größeren) Wahrscheinlichkeit aufwarten.
"Realismus" und die Einschätzung von veränderndem Handeln - letztlich kann auch der "Realist" nur sagen: Das könnte gehen (aus den und den Gründen); wie es wirklich abläuft, weiß er auch nicht.
Der Bezug auf "Realismus" kann als Legitimation für Affirmation benutzt werden.
"Realismus" kann durch anscheinende Sachadäquanz Interessegeleitetheit verdecken - Vorgabe einer die Subjektivität camouflierenden Objektivität.
Reduktion der Realität durch "Realismus": Realität wird auch geschaffen. Durch voreiliges Abschneiden oder Verwerfen von Möglichkeiten kann "Realismus" die Realität reduzieren.
Die Frage ist: Wo (und wie) wird "Realismus" zur Ideologie?

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