Montag, Juni 29, 2009

Schweißerin Annette Schavan für mehr Forschung für den Markt

"Es hat sich bewährt, exzellente Forscherinnen und Forscher von Beginn an mit betriebswirtschaftlichen Experten zusammenzuschweißen, um gute Ideen schneller auf den Markt zu bringen." (Annette Schavan, zitiert nach BMBF-Pressemitteilung 162/2009, 26.6.2009).
Diese Schweißtechnik wird sicher dazu führen, dass endlich das "Forschen mit Unternehmergeist" (a.a.O.) auch in den neuen Ländern besser flutscht. Noch effizienter wäre es, den betriebswirtschaftlichen Experten direkt in den Forscher einzuschweißen. Grundlage dafür ist,"Forscherinnen und Forscher früh zu motivieren, ihre Ergebnisse auf konkrete Produkte oder Dienstleistungen hin zu untersuchen" (a.a.O.). Bei etwas extendierter und ökonomisch angereicherter Motivation könnte man sich dann die zweite Phase mit dem "virtuellen Innovationslabor" (InnoLab) sparen. Wenn das zu lange dauert, könnte man einstweilen den Forschern zumindest einen Kompass mit Marktorientierung und eine Schere in den Kopf schweißen - natürlich ohne Verletzung ihrer Freiheit und der Prinzipien der Grundlagenforschung, aber als für jeden doch wohl ohne weiteres einsehbaren und rasch und undifferenziert Zustimmung erheischenden Impuls, "die Trennung zwischen marktgetriebener industrieller Forschung und erkenntnisgetriebener öffentlicher Forschung zu überwinden" (a.a.O.).

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Sonntag, Juni 21, 2009

Durchlässigkeit vs. Allgemeinbildung (Annette Schavan) - Quantität ist nicht das Nonplusultra

"Die allgemeine Hochschulreife ist nicht das Nonplusultra. Es muss heute möglich sein, dass eine Erzieherin auch ohne Abitur Grundschullehrerin werden kann." (Schavan in focus.de, 20.6.2009).
Durchlässigkeit ist wünschenswert und soll ermöglicht werden, sie soll aber nicht auf Kosten der allgemeinen Bildung gehen im Sinne einer Erkaufung von Durchlässigkeit durch die Reduzierung von Bildung auf Qualifikation - was gegenwärtig im tertiären Bildungsbereich Tendenz ist.
Die Idee, dass jemand Kompetenzen erwerben soll, die über den unmittelbaren Berufsbezug hinausgehen und einen umfassenderen Blick auf die Welt, Distanz, Reflexion, Kritik und begründete eigene Positionierung ermöglichen, kann Vorteile enthalten für den Handelnden und die von seinen Handlungen Betroffenen - besonders in einem Bereich, in dem es um die Erziehung und Bildung von Menschen geht. Insofern ist die Abfolge von allgemeiner und daraufhin folgender berufsbezogener Bildung der bessere Weg - der in der Bildungspolitik aus äußeren Gründen, nicht aus der Sache immanenten und fachlichen Gründen zunehmend aufgegeben wird. Auch wenn man auf die Berufserfahrung einer Erzieherin, die allgemeinbildenden Anteile im folgenden Studium und den nicht-selektiven Charakter von Wissen hinweisen kann - hier geht es um etwas anderes: Intention ist eine Vergrößerung der Hochschulabsolventen-Zahlen; das sollte aber nicht gegenstandsadäquate Erwägungen ersetzen - eine bloße quantitative Ausdehnung ist zumindest ebenso wenig das Nonplusultra.

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Freitag, Juni 19, 2009

Universität und Schule: Lehrveranstaltungen für Schulklassen an der Uni

Das wird - trotz der begrüßenswerten Intention der Interessenweckung für Wissenschaft und der Förderung - keine gute Vorlesung ( weil auf die Schüler "eingegangen" werden soll - was nicht so einfach ist) und keine gute Unterrichtsstunde ( wofür der Lehrende nicht ausgebildet ist), sondern etwas zwischen Anbiederung (gemäß vager Vorstellungen von "Jugendkultur") und Langeweile (die eher das Gegenteil des intendierten Effekts erreicht).

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Mittwoch, Juni 03, 2009

"Gesundheitsregionen der Zukunft": Förderung der Gesundheitswirtschaft (Schavan)

Mit dem BMBF-Wettbewerb "Gesundheitsregionen der Zukunft" ist anscheinend nicht in erster Linie eine Verbesserung der Verhältnisse im Gesundheitswesen angestrebt - das natürlich auch, würde hier sofort eingewendet - , sondern "beispielhafte Innovationen für die Gesundheitswirtschaft hervorzubringen. Deshalb setzen wir den Wettbewerb in einer zweiten Runde fort. Davon wird die Gesundheitswirtschaft in ganz Deutschland profitieren." (Schavan in BMBF-Pressemitteilung 117/2009). Elemente gegenwärtiger BMBF-Politik wie Wettbewerb und Wirtschaftsorientierung kommen auch hier zur Anwendung. In der Beschreibung des Wettbewerbs ist noch von "Innovationen für das Gesundheitssystem" die Rede - allerdings in der üblichen "win-win"-Bündelung:"Stärkung der Wirtschaftskraft und eine verbesserte medizinische Versorgung der Menschen", nebenbei geht es auch um Kosteneindämmung (BMBF-Wettbewerb "Gesundheitsregionen der Zukunft"). Die Schwerpunktlegung auf Gesundheitswirtschaft wird implizit begründet:"Die Gesundheitswirtschaft ist mit einem Umsatz von 240 Milliarden Euro und rund 4,5 Millionen Beschäftigten die größte und zudem eine stetig wachsende Branche der deutschen Wirtschaft, steht aber durch die gestiegene Lebenserwartung, eine alternde Gesellschaft und dem damit einhergehenden demographischen Wandel vor großen Herausforderungen" (Pressemitteilung 117/2009). Diesen Herausforderungen wird sich die Gesundheitswirtschaft sicher in ihrem Sinne zu stellen wissen - es wird sich zeigen, wer auf wessen Kosten davon profitiert.

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Montag, Juni 01, 2009

Zukünftige Arbeit: Flexibler und autonomer

Flexibler wird nicht die Arbeit, sondern hat die Arbeitskraft zu werden - im Zuge besserer Verfügbarkeit und Verwertbarkeit. Dabei hat sie sich von sich aus den - internalisierten - Leistungsanforderungen zu unterziehen und ein erweitertes Spektrum abzudecken: Selbstmarketing, Kreativität, Innovation, Krisenstabilität, Changemanagement, permanente Akkomodation.
"Autonomer" in Bezug worauf?
Abhängigkeiten werden bleiben, die Arbeitskraft muss weiter verkauft werden; die Autonomie bezieht sich nicht auf das Grundverhältnis, sondern auf einige eng limitierte Bereiche innerhalb des Abhängigkeitsverhältnisses - nur die Form könnte etwas anders aussehen.
"Autonomer" ist weniger als "autonom". Der Komparativ bringt zum Ausdruck, dass eben keine Autonomie besteht.
(Zu: Kalle, Matthias: Hausaufgaben. In: Zeit Magazin, 28.5.2009, S.27).

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