Dienstag, Mai 23, 2006

Globalisierungseffekte und Abmilderung - gleichmäßig schlechtere Arbeitsbedingungen für alle?

"Die Risiken der Globalisierung müssten gleichmäßiger verteilt werden. Bestimmten Gruppen mutet man besonders viel zu, nämlich denen, die in das Berufsleben eintreten und denen, die am Ende ihrer Erwerbstätigkeit stehen. Berufstätige, die in der Mitte ihres Erwerbsverlaufs sind, vor allem männliche Erwerbstätige, sind heute noch weitgehend geschützt. Bei den 'Etablierten' hat sich die Mobilitätsrate nicht erhöht. Es wäre also wichtig, dieses Ungleichgewicht zu beheben." ( Blossfeld, Hans-Peter in uni 3/2006, S. 4).
Es geht um die Mobilitätsanforderungen. Den "Etablierten" sollte auch mehr zugemutet werden; der noch bestehende weitgehende Schutz wird moniert. Die "Bearbeitung" dieses Problems erfolgt durch Verteilung - sie besteht in gleichmäßiger Verschlechterung für alle.
Was ist damit gewonnen? Eine "gerechtere" Aufteilung der Negativeffekte? Das inkludiert aber auch die Aufgabe und den Abbau noch verbliebener relativ besserer Bedingungen - von Widerstand gegen die Verschlechterung oder Schaffung besserer Bedingungen ist überhaupt nicht mehr die Rede.

Freitag, Mai 19, 2006

Zielvereinbarungen als kommunikativer Prozess - allerdings etwas einseitig?

"Die Zielvereinbarungen sind dabei als ein ganz wesentlicher kommunikativer Prozess zu verstehen, innerhalb dessen die Hochschulleitung bestimmte Erwartungen formuliert, deren Finanzierung zusichert und den Partnern in den Fachbereichen kommuniziert, dass von ihnen Leistungen eingefordert werden, dass sie in der Lage sein müssen, eigene Ziele zu formulieren und dass die Zielerreichung durch ein entsprechendes Controlling beobachtet wird."
(Krieger, Wolfgang: Neue Finanzierungs- und Steuerungssysteme und ihre Auswirkungen auf die Hochschulen. Die Sicht der Freien Universität Berlin. In: Beiträge zur Hochschulforschung 1/2006, S. 89).
Endlich klare Worte zur Art des "kommunikativen Prozesses" bei der Zielvereinbarung.
Die HS-Leitung formuliert "Erwartungen", d.h. sie gibt vor, was sie will, den "Partnern" (der Terminus ist noch ein Relikt aus der Integrations- und Egalitätsanscheinserzeugungs-Rhetorik) in den Fachbereichen wird etwas "kommuniziert" (innerhalb einer sonst identischen Formulierung ist das auf S. 91 paraphrasiert:" und die Partner in den Fachbereichen erfahren, dass von ihnen ..."), Leistungen werden "eingefordert", die Zielerreichung wird durch Controlling "beobachtet" - wobei es bei bloßer Beobachtung nicht bleiben dürfte, sondern wohl um Sanktionen geht. Außerdem haben Vereinbarungen den Vorteil, dass sie sich durch eine "hohe Verbindlichkeit" auszeichnen (a.a.O., S. 90).
Es ist also ziemlich eindeutig, wie der "kommunikative Prozess" der Zielvereinbarung hauptsächlich zu verlaufen hat.

Donnerstag, Mai 18, 2006

Handelsabkommen USA - Vietnam

Die USA und Vietnam wollen ein Handelsabkommen abschließen. Das gilt als Vorstufe für die Aufnahme Vietnams in die WTO. Die Vietnamesen sollen ihre Subventionen für den Textilsektor einstellen.
Ist das der Preis für die WTO-Aufnahme?
Wird damit Billigkonkurrenz beseitigt oder eingedämmt?

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Mittwoch, Mai 10, 2006

Konfrontation mit dem Tod

In den USA wird eine Behandlung Verstorbener praktiziert, dass sie lebensnah oder wie schlafend wirken. Scheinbar beseitigt ist die Entferntheit, Unnahbarkeit, Nichterreichbarkeit des Toten. Es ist aber ein Überdecken und Überspielen (des Nicht-Mehr und Nie-Mehr), ein Ausweichen vor der Endgültigkeit, eine Verwischung der Tatsache des Todes, eine Verkleinerung und Verharmlosung, die eine Konfrontation und Auseinandersetzung mit einem grundlegenden Faktum umgeht, eine Art Vermeidungsstrategie.
Man kann einwenden: Die werden dann schon - und trotzdem - damit konfrontiert, was tatsächlich der Fall ist. Das werden sie - sie halten sich aber (oder versuchen es ) etwas offen.
Ähnlich ist es bei religiösen Todesauffassungen. Sie können eventuell eine Form von Trost bieten, auch eine spezifische Möglichkeit der Verarbeitung, zumindest des Umgangs und Zurechtkommens (die allerdings viele - und nicht von jedem teilbare - Voraussetzungen hat), umgehen aber andererseits die Härte des realen Vorgangs.
Man sollte den Anspruch haben (und an sich stellen), die Realität so zu sehen, wie sie ist.

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Mittwoch, Mai 03, 2006

China: Expansion von Marktprinzipien - Psychoanalyse als remedium?

In China wird die Psychoanalyse distribuiert (s. Antje Haag: "Die Seelenkulturrevolution". In: "Zeit" Nr. 18, 27.4.2006, S. 36). Mag sein, dass für einige der aufgeführten Probleme Psychotherapie, evtl. auch Psychoanalyse, Hilfe für die individuelle Bewältigung bieten kann. Bezeichnend und bedenklich sind aber Formulierungen wie: "Die rasante Entwicklung in Richtung Marktwirtschaft schafft zweifellos einen großen Bedarf an Psychotherapie. Schätzungen gehen davon aus, dass 1,2 Milliarden Chinesen künftig etwa zwei bis drei Millionen Psychotherapeuten brauchen werden." (a.a.O.). In China gibt es Verarmung der Landbevölkerung, Millionen von Wanderarbeitern, de facto kapitalistische Elemente in der Ökonomie - was fällt Psychoanalytikern zu diesen massiven und brachialen Umbrüchen und Zumutungen ein: Psychoanalyse. Damit gerät Psychoanalyse in Gefahr, als Instrument der Verbrämung benutzt zu werden. Bei Reaktionen auf die Expansion von Marktprinzipien und ihren Effekten geht es nicht nur um coping. Sonst kommt es zu einer Aufrechterhaltung selbstproduzierter und selbstverschuldeter disziplinärer Bornierung aufgrund von Ausblendung grundlegender Faktoren.
Man kann einwenden, das sei nicht Sache der Psychotherapie bzw. der Psychoanalyse. Es ist aber durchaus eine Frage der Problemerfassung, -formulierung und -bearbeitung. Vertreter psychoanalytischer Positionen könnten außerdem dagegen sagen: Das sehen wir durchaus; aber darauf haben wir keinen (oder zumindest keinen direkten) Einfluss. Aber: Werden dann die Probleme nicht unzulässig individualisiert - unter Absehung von oder Hintansetzung ihrer gesellschaftlichen Bedingtheit? Entgegnet werden auf den Vorhalt der Notwendigkeit der Umstellung gesellschaftlicher Prozesse könnte auch: Das tun wir auch. Aber mit unseren Mitteln. Wir benennen die gesellschaftlichen Abläufe als Ursachen. Wir wollen eine autonome Person. Gegen-Einwand ist: Für deren Realisierung sind gesellschaftliche Voraussetzungen nötig. Können die mit Hilfe der Psychoanalyse geschaffen werden?
Die Sozialblindheit der Psychoanalyse scheint immer noch nicht überwunden.

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Montag, Mai 01, 2006

Prekarisierung und Begriff gesellschaftlicher Arbeit

Von Kritikern der Prekarisierung wird ein neuer Begriff gesellschaftlicher Arbeit gefordert. Ein neuer Begriff von Arbeit existiert in diesem Bereich bereits. Er ist gekennzeichnet durch Abbau sozialer Sicherung, Selbstausbeutung, flottierende Bezahlung, Benutzung fremder Arbeitskraft, wenn und solange sie gebraucht wird, Flexibilitäts- und Mobilitätsanforderungen und -zumutungen, "Selbstlernen" als Dauereinrichtung, Asymmetrie von Machtpositionen als selbstverständliches Verhältnis, Markt mit begünstigten Käufern und freien Verkäufern der Arbeitskraft, ideologische Verwendung des "Freiheits"-Begriffs, freiere, ungebundenere, "deregulierte", "entbürokratisierte" Verfügung über fremde Arbeitskraft - eine "Win-win"-Situation mit ungleich verteilten Gewinnen.
Affirmativ vorteilhaft wäre eine Expansion dieses Arbeitsbegriffs über die gegenwärtigen Prekarisierungsverhältnisse hinaus - eine Verallgemeinerung, Verselbstverständlichung und Institutionalisierung dieses neuen Begriffs gesellschaftlicher Arbeit.
Noch nicht wirksam geworden ist bisher ein Begriff, der beinhaltet, dass Arbeit auch etwas anderes sein könnte - ohne neue "Arbeits"- Ideologie, auf der Grundlage geänderter Voraussetzungen.

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